Kostenlos Wein und Bier für belgische Abgeordnete
Vielen stellt sich die Frage, was denn einen Menschen treibt, sich politisch zu engagieren. Wie man es in der Politik auch macht, die meisten werden mit einem unzufrieden sein. In der Wirtschaft ließe sich außerdem mehr Geld verdienen. Ist es der Reiz von öffentlicher Beachtung und Macht? Oder der Drehtüreffekt, mit dem es nach der Amtszeit doch in die Wirtschaft geht? In Belgien waren die Sitzungen im Parlament anscheinend derart eintönig, dass die Abgeordneten zwischendurch in eine Bar gingen, um zu trinken. Der Brauch der körperlichen und dann auch geistigen Abwesenheit etablierte sich, bis den Parlamentariern in Belgien ab Ende der 90er Jahre gratis Bier und Wein spendiert wurde, damit sie die Sitzungen nicht verlassen. Das Argument von Herman De Croo als Initiator vom kostenlosen Wein und Bier lautet sogar, dass durch die soziale Kontrolle im Parlament der Alkoholkonsum der Parlamentarier rückläufig wäre. Nach Jahren zeigt sich, dass jeder Parlamentarier monatlich im Schnitt nur drei Bier und zwei Glas Wein beanspruchte.
Es ist ein fragwürdiges Bild, wenn jemand bei wichtiger Geistesarbeit schon zur Mittagsstunde seinen Wein öffnet und mit jedem Glas auflockert. Wird dabei sogar über das Wohl eines ganzen Landes abgestimmt, ist es umso fraglicher. Dass die Parlamentarier in Belgien den Gratisalkohol nicht zu Trinkgelagen nutzten, lässt sich damit leicht erklären. Dennoch forderte eine Ethikkommission das Ende vom kostenlosen Wein und Bier im belgischen Parlament. Zuerst waren die Parlamentarier dagegen, stimmten aber bereits im Januar 2017 doch dafür. Es handelt sich um kein Alkoholverbot. Wer als belgischer Parlamentarier im Parlament trinken möchte, der kann das auch weiterhin machen. Mit einem Alkoholverbot und Kontrollen vom „Diplomatengepäck“ am Eingang würde der ein oder andere Parlamentarier nur noch Stundenweise erscheinen?
Wer keine wichtigen Entscheidungen fällt und nichts kompliziertes macht, der kann durchaus schon vor Feierabend in sein Weinregal nach einem guten Wein greifen und einen Schluck genießen. Dass Parlamentarier sprichwörtlich besoffen abstimmen dürfen, das hat hingegen bereits Aussagekraft zum aktuellen Politikgeschehen. Auch in vielen anderen Parlamenten gibt es gewiss kein Alkoholverbot und viele Parlamentarier sitzen ihre Zeit ab, um im richtigen Moment die Hand zu heben. Möglicherweise sind die Sitzungen derart langweilig, dass es viele ohne einen guten Schluck nicht durchstehen würden? Bundestagsdebatten können im Internet live oder als Aufzeichnung abgerufen werden, jeder kann sich sein eigenes Bild machen, ob er das jeden Tag nüchtern durchstehen könnte.
Auf lange Sicht ist es zumindest besser, wenn erst nach der Arbeit und besser nur an Wochenenden oder besonderen Tagen die Weinregale nach einem guten Tropfen geprüft werden. Einige ausgesuchte Weine profitieren zudem von einer längeren Lagerung und werden es einem mit dem besonderen Geschmackserlebnis entlohnen.
Quelle:
http://www.shortnews.de/id/1220228/kein-verbot-belgische-abgeordnete-duerfen-im-parlament-kostenlos-alkohol-trinken
http://www.sueddeutsche.de/panorama/belgien-politik-ohne-gratis-bier-1.3351326
https://de.sputniknews.com/panorama/20170121314212483-belgische-abgeordnete-duerfen-im-parlament-trinken/