Klassenstreit auf dem Weinberg

Verbraucherinformation oder Desinformation?

Verbraucherinformationen sind sehr wichtig, das gilt auch für den Wein. Es gibt deswegen gesetzliche Qualitätsstufen wie in Deutschland der Qualitätswein und die Prädikatsweine Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein. Hier entscheiden die Öchslegrade, ob der Winzer seine Weinbeeren zu solch einem Wein ausbauen kann. Diese gesetzlichen Qualitätsstufen der Länder unterliegen inzwischen dem neuen EU-Qualitätssystem. Es gibt Wein ohne Herkunftsangabe, Wein mit geschützter geografischer Angabe und Wein mit geschützter Ursprungsangabe.

Zu diesen zwei in Gesetzen gegossenen Ebenen der Klassifizierung von Wein gibt es weitere, teils ebenfalls in Gesetze gegossene Qualitätsangaben auf den Weinflaschen. Im Burgund in Frankreich werden die Weinhänge bewertet und einige Weine dürfen sich als Grand Cru, Premier Cru, Appellation communale und Appellation régionale betiteln lassen. Ähnlich baut sich das Bewertungssystem vom VDP auf, welches aber nur angehörige Winzer verwenden dürfen. Es gibt die große Lage, die erste Lage, den Ortswein und Gutswein.

In Österreich gibt es immer mehr Bemühungen, ähnliche Bewertungssysteme aufzubauen. Die Kritik lautet jedoch, dass sich nur einige Winzer zu einem Verband zusammen tun bräuchten, um ihre eigene Bewertung zu erdenken, mit der sie ihre Weine besser vermarkten können. Die Kriterien könnten sich die selbst erwählten Weinerzeuger frei ausdenken, um einen Verkaufsvorteil zu erhalten.

Für einfache Weintrinker, die nur ein paar Flaschen für die nächsten ein oder zwei Wochen in ihren Weinregalen lagern, ist all das möglicherweise eher eine Desinformation als Information. Und richtige Weinkenner haben die Fähigkeiten, einen Wein, einen Winzer oder eine ganze Anbauregion noch eigenen Kriterien zu beurteilen. Gesetzliche Regelungen für Qualitätsstufen sind durchaus wichtig, die Klassifizierungen eines Weinen sollten jedoch nicht zu umfangreich werden. Zum einen kann man dabei auf die EU schimpfen, die mit ihrem Parlament in Brüssel doch keine Ahnung vom Leben in den Provinzen hat. Zum anderen ist eine EU weite Klassifizierung von Weinen nicht verkehrt. Dass die Regionen einen Einfluss auf die Auszeichnung ihrer Weine behalten, bleibt aber weiterhin wichtig, da die Winzerverbände vor Ort es besser wissen, als Bürokraten in Brüssel. Möglicherweise wäre ein übergreifendes System, welches Regionalverbände übernehmen können, eine Vereinfachung. Der Kunde kennt einmal das System und sieht zugleich, aus welcher Region der Wein stammt.

Letztendlich wird es immer Winzer und Verbände geben, die lieber eigene Bezeichnungen verwenden, da diese sich besser für ihr Marketing eignen. Ob man das verbieten sollte oder könnte wäre eine andere Frage. Wer regelmäßig Wein ersteht, der sollte sich von einigen der Qualitätsbezeichnungen nicht zu sehr leiten lassen, auch in anderen Bereichen ist bei all den Prüfsiegeln etwas Etikettenschwindel nicht auszuschließen. Auch ein guter Weinhang kann mal einen schlechten Jahrgang haben, auch ein Qualitätswein schmeckt nicht automatisch jedem. Eine gute Strategie lautet, sich von ausgewählten Weinen ein oder zwei Flaschen zu gönnen und erst dann den Kauf von ein paar Kisten für die privaten Weinregale zu erwägen.

Quelle:
https://kurier.at/wirtschaft/der-schmaeh-beim-wein-mit-der-ersten-lage/400360280
https://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4tsstufe#Das_Qualit%C3%A4tssystem_des_VDP

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