Keine Perlen vor die Säue werfen
Unter den Weinkennern ist Huge Johnson einer der ganz großen und auch bekannten. Seit rund 50 Jahren widmet er sich dem Wein und schreibt als Journalist und Buchautor Zeile um Zeile. Schicke Landkarten der Weinregionen runden alles ab. Wein sei „Erdkunde im Glas“. Er fing mit dem Schreiben rund um den Wein in einer Zeit an, als es kaum einer tat. Und keiner hätte gedacht, dass man damit bekannt werden kann. Die Zeiten ändern sich und Huge Johnson sieht das durchaus positiv. Zum einen wird fast überall auf der Welt Wein angebaut, da sich die Weinkultur auch dort etabliert, wo sie einst in dem Umfang nicht war. China wäre der interessante Wachstumsmarkt, der garantiert über einige gute Weinlagen verfügt. Auch der technische Fortschritt hat alles besser gemacht, da präziser und hygienischer gearbeitet wird. Weine, die durch Verunreinigungen oder ähnliche Missgeschicke wie Spülwasser schmecken, können effektiv vermieden werden. Entsprechend gering ist seine „Begeisterung“ für Biodynamischen Wein, der die Technik weitgehend ausklammert, aber derzeit in aller Munde ist.
In der Welt der Edelweine kann eine einzelne Flasche hunderte oder sogar über 1000 Euro kosten. Einzelne Flaschen wurden schon für über 100.000 Euro versteigert. Das sind natürlich Preise, für die sich der Normalbürger nicht einmal zu Silvester oder der eigenen Hochzeit solch einen Wein gönnt. Aber auch Preise um 50 Euro pro Flasche sind für die meisten schon schwindelerregend hoch. Was ist denn der Ratschlag von einem Weinprofi, der seit rund 50 Jahren im Thema ist, Weine aus aller Welt gesehen und auch probiert hat und über sehr viel Erfahrung und Wissen verfügt? Lohnt es für diese Normalbürger, doch einmal eine einzelne Flasche für 100 Euro oder mehr zu erstehen?
Die Antwort ist sehr rational. Natürlich kann sich jeder auch mal einen teuren Tropfen gönnen. Für den Normalbürger, der keine geschulte Nase oder erprobten Gaumen hat, wird das jedoch nichts bringen. Auch für Preise um 10 Euro gibt es sehr guten Wein, der zwar industriell gefertigt wurde, aber damit auch den Geschmack der Massen trifft. Wer ohnehin den Unterschied von einem günstigen zum teuren Wein nicht richtig bemessen kann, der soll beim Weinkauf gerne weiterhin auf die Preise achten. So zumindest ist es in einem Interview auf welt.de vom 30.10.2016 zu verstehen.
Genau damit hat Huge Johnson doch einen sehr guten und sinnvollen Rat gegeben. Wer den teuren Wein ohnehin aufgrund mangelnder Erfahrung nicht würdigen kann, der soll ihn den wirklichen Kennern nicht weg trinken. Im Interview spricht Huge Johnson andeutungsweise abwertend über Weinsnobs, die meinen, sie wären was, da sie schon diesen oder jenen Tropfen getrunken haben. Dabei käme es doch auf das Gefühl an, welches einem der Wein gibt, nicht darauf, dass es ein seltener und teurer Tropfen ist.
Quelle: https://www.welt.de/icon/essen-und-trinken/article159124952/Darum-halten-Weinkenner-nichts-von-Bio.html