Deutschland braucht neue Rebsorten
Auf guten 20% der Weinhänge gedeiht Riesling als Aushängeschild für deutschen Wein. Das könnte in 20 Jahren bereits ganz anders aussehen. Die Beeren vom Riesling sind gegen starke Sonnenstrahlen empfindlich. Bereits jetzt wählen viele Winzer in sehr sonnigen Lagen andere Rebsorten, damit sie in 20 Jahren noch guten Wein ernten. Auch andere gefragte Rebsorten wie der Trollinger werden auf vielen sonnigen Hanglagen bald nicht mehr zu finden sein.
Es könnten nach einer Rodung bestehende Rebsorten gesteckt werden, die mit der Sonne besser fertig werden? In Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und anderen Mittelmeerländern gibt es genug Auswahl? In diesen Regionen ist die relative Luftfeuchtigkeit niedrig. Auch wenn bereits Landstriche in Deutschland an Dürre zugrunde gehen, so ist die Luftfeuchtigkeit eine andere. Gerade in Süddeutschland wird es vermutlich weiterhin genug Niederschläge und damit auch eine hohe relative Luftfeuchtigkeit geben. Einige Rebsorten könnten damit gewiss gut fertig werden, sie müssen aber auch ansonsten dem Winzer und später dem Weinkunden gefallen.
Es wird in den kommenden Jahrzehnten auch deswegen schwierig, da es bis zu 30 Jahre dauert, eine neue Rebsorte zu züchten. Im Normalfall steht diese mehrere Jahrzehnte auf dem Hang. Die Zeitabstände sind beim Wein ganz andere, als bei Tomaten, Weizen oder anderen einjährigen Pflanzen.
Piwi-Wein ist vielen als Begriff bereits bekannt, gerne wird Wein gekauft, der nicht Piwi ist. Es handelt sich um pilzresistente Rebsorten, die dem künftigen Klima trotzen und viel weniger Spritzmittel brauchen. Es gibt diese Rebsorten bereits, sie können sich wegen dem Ertrag oder auch dem Geschmack noch nicht durchsetzen. Derzeit werden rund drei Prozent der deutschen Weinhänge mit Piwi-Reben bestockt. Wegen dem Problem mit Klimawandel, Spritzmitteln und dem Ökobewusstsein könnte sich das schnell ändern. Es fehlen nur noch die passenden Piwi-Rebsorten, die im Vergleich zu anderen gefragten Reben möglichst keine Abstriche machen. Es ist nur die Frage der Erzüchtung und somit eine Frage von einigen Jahrzehnten.
Wer gerne guten deutschen Wein trinkt, der muss sich kaum sorgen. Es gibt tausende Zuchtsorten. Es gibt deswegen immer Wein, der auf deutschen Hängen gut gedeiht. Auch der Riesling oder Trollinger werden so schnell nicht aufgegeben, sie werden dann eben in nördlicheren oder höheren Weinlagen Deutschlands gedeihen. Rotweingenießer dürfen sich sogar freuen: Der Rotwein-Anteil steigt bereits seit den 80er Jahren signifikant, möglicherweise dauert es noch einmal 30 Jahre, bis aus heutigen 35% über 50% werden.
Es liegt nicht allein an der Rebe und deren Anbau, es liegt auch am Ausbau, ob ein Wein gut wird. Wenn das Fass aus Holz weit aufwändiger als der Tank aus Edelstahl ist und dieses Fass aus Holz sich dennoch am Markt halten kann, dann hat das seine Gründe. Möglicherweise müssen Piwi-Weine anders ausgebaut werden, damit sie ihr volles Potenzial entfalten, mit dem sie im Weinregal nicht alt werden? Ein paar Neu- oder Weiterzüchtungen werden dem deutschen Wein dennoch nicht schaden.
Quelle: https://www.rundschau-online.de/magazin/-piwi–weine-klimawandel-setzt-riesling-unter-druck—neue-rebsorten-sollen-helfen-31117776