Die britische Champagne heißt Kent

Franzosen wird es warm, Engländer kommen auf Temperatur

Viele gefragte Rebsorten nehmen durch zu heiße und trockene Sommer großen Schaden und verlieren ihre Qualität. Nicht nur das, ein zu hoher Alkoholgehalt im Wein wird die Aromen zerstören. Die eigentlich guten Weine werden ihre Vielfältigkeit einbüßen. Wenn das Klima wandert, dann wandert auch der Weinbau. Den Franzosen wird es zu warm, die englische Grafschaft Kent kommt auf Temperatur und wird im Winter durch den Golfstrom vor tiefem Frost bewahrt. Es kommt allerdings noch besser – die Böden der Champagne sind fast identisch mit denen in Kent. Wegen der guten Böden und dem milden Klima ist diese Grafschaft südöstlich an London liegend schon lange für den Anbau von Obst bekannt. Während einem Preisverfall für Äpfel Ende der 60er Jahre war es die Familie Barnes, die als erste Rebstöcke setzte. Im Jahr 2015 war es dann soweit, dass das große Champagnerhaus Taittinger einen englischen Bauernhof mit 69 Hektar (0,69 km²) erwarb und Reben pflanzte. Es kann jetzt nicht mehr lange dauern, bis der „Domaine Évermond“ in den Weinregalen einiger Händler auftaucht.

Sollten die traditionellen französischen Weinbaugebiete sich tendenziell weiter aufheizen, dann verschlechtern sich die Bedingungen für komplexe Spitzenweine oder Champagner. Die englische Grafschaft Kent bietet jedoch einen fast identischen Boden wie in der Champagne und die klimatischen Verhältnisse werden ständig besser. Wenn das Champagnerhaus Taittinger Land in Kent ersteht, welches vielleicht knappe 5% von Land in der Champagne kostet, dann war das vermutlich ein sehr guter Kauf. Der wohl einzige Risikofaktor lautet, dass der Golfstrom zusammenbrechen könnte, womit wir extrem kühle Winter zu erwarten hätten. Dann bliebe selbst guter Wein in den Weinregalen und es ginge zu Weinbrand über.

Das Champagnerhaus Taittinger kann seine Erzeugnisse in Kent nicht als Champagner anbieten, auch wenn diese möglicherweise bald von besserer Qualität als Champagner aus der Champagne sein könnten. Derzeit wird der Schaumwein deswegen als englischer Sekt bezeichnet. Ein Markenname ließe sich jedoch schnell entwickeln. Heimischer Sekt ist selbst den Engländern so exotisch, dass dieser in den Weinregalen der Händler häufig nicht einmal vorkommt. In jedem Fall ist das Champagnerhaus Taittinger nicht einmal ein Pionier, viele Akteure kaufen Land für Weinstöcke und ansässige Bauern verkaufen es nicht mehr gerne.

In Zeiten der Brexit-Panik ist es schon britischer Humor, wenn immer größere Flächen für Weinreben erschlossen werden und Britannien möglicherweise englischen Sekt in alle Welt exportiert. Wenn die Briten nach und nach ihre Vorliebe für Wein und Sekt entdecken, dann werden diese Kulturgetränke möglicherweise französische Züge hinterlassen?

Wer gerne Wein und Sekt trinkt, der kann sich die Grafschaft Kent schon einmal vormerken. Champagner ist lediglich ein besonders edler Sekt, dessen Weinbeeren jedoch aus der Champagne stammen müssen. Einige andere Regionen dieser Erde können mit ihren Böden und klimatischen Verhältnissen ähnlich hochwertige Erzeugnisse zustande bringen. Die Grafschaft Kent gehört immer offensichtlicher zu diesen Regionen und ansässige Kenner erklären, dass das Klima vielleicht schon bald für gute Rotweine reicht.

Quelle: https://www.gute-weine.de/grossbritannien/
https://www.tt.com/lebensart/reise/15260809/reise-nach-kent-der-champagner-wird-very-british
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/champagner-prickeln-auf-englisch-1.2781996

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