Wie der Begriff Spätlese entstand

Bürokratie ist nicht erst seit den letzten Jahrzehnten ein Begriff, der sich mit dem deutschen Volk fest in Verbindung bringen lässt. Eben wegen der einzuhaltenden Formalitäten entstand der Begriff Spätauslese. Im Rheingau mussten Winzer einst bei der Gemeinde eine Leseerlaubnis einholen. Als Ausnahme galt jedoch das Schlossgut Johannisberg, welches diese Leseerlaubnis beim Fuldaer Fürstbischhof einzuholen hatte. Deswegen wurde auch im Jahr 1775 ein Bote gesendet, der diese Erlaubnis erbeten sollte. Aus nicht geklärten Gründen benötigte der Bote jedoch weit länger für seine Reise und kam mit erheblicher Verspätung zurück. Währenddessen wurden die Trauben bereits durch den Grauschimmel Botrytis cinerea befallen, der deswegen noch heute als Edelfäule bekannt ist. Die Mönche waren der Überzeugung, dass die Trauben verloren sind und sich kein genießbarer Wein gewinnen ließe. Dennoch ernteten sie und kelterten die Trauben ein. Als sie den jungen Wein im nächsten Frühjahr probierten, waren sie überrascht, dass dieser von hervorragender Qualität und zudem nicht unbekömmlicher als andere gute Weine war.

Bürokratie ist auch heute noch typisch für Deutschland und somit sind diverse Regelungen einzuhalten, um einen Wein nach amtlicher Prüfung als Spätlese deklarieren zu dürfen. Zum einen muss ein Mindest- Oechslegrad von 85° oder in Baden sogar bis 95° erreicht werden sowie der Wein zur Leseprüfung anzumelden ist. Zum anderen darf nicht vor dem durch die Gemeinde gesetzten Erntetermin gelesen werden. Außerdem dürfen Qualitätsweine mit Prädikat, zu denen eine Spätlese gehört, in Deutschland nie mit Zucker versetzt werden, damit bei der Gärung mehr Alkohol entsteht. Dieses wäre z.B. in Frankreich generell für jeden Wein erlaubt.

Eine Spätlese wird meist so gekeltert, dass eine Restsüße erhalten bleibt. Neuerdings kommt es in Mode, diese Weinklasse trocken zu keltern. Hierbei wird der Fruchtzucker weitgehend zu Alkohol umgewandelt und der Wein wird trocken. Dieses wird für die Spätlese auf der Flasche vermerkt. Wird nichts vermerkt, dann wird der als Spätlese deklarierte Wein eine gewisse oder sogar satte Restsüße aufweisen. Für besondere Anlässe sollte eine gute Spätlese nicht im hauseigenen Weinregal fehlen.

Damit ein Winzer in Österreich seinen Wein als Spätlese deklarieren darf, muss das Mostgewicht bei wenigstens 94° Oechsle liegen. In Österreich wird jedoch mit KMW gemessen, es müssen wenigstens 19° sein. Zudem sind natürlich weitere Kriterien wie ein später Erntetermin zu berücksichtigen.

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