Wein, kein Alkohol wie anderer

Französischer Landwirtschaftsminister auf dünnem Eis

Didier Guillaume ist seit Oktober 2018 französischer Landwirtschaftsminister. Jüngst hat er sich im französischen Fernsehen während einem Interview unkritisch zum Weingenuss geäußert. Französische Suchtexperten reagieren empört. Es wird niemanden wundern, dass Wein in Frankreich einen besonderen Status unter den Alkoholika einnimmt. Dieses geht so weit, dass er weniger als Bier oder Spirituosen besteuert wird. In einigen Restaurants ist ein Glas Wein billiger, als ein Glas Bier. In Bayern wird hingegen Bier als Lebensmittel betrachtet, was als Aussage bei vielen nicht zur Diskussion steht.

Der französische Landwirtschaftsminister hat sich mit seinen Aussagen zum Wein noch etwas weiter aus dem Fenster gelehnt. Er erklärte, dass junge Leute, die sturzbetrunken aus der Disco kommen, Mixgetränke oder Spirituosen getrunken haben. Mit gutem französischen Wein würde das nicht passieren.

Es ist nicht allein Didier Guillaume, der in Frankreich dem Wein einen gesonderten Stellenwert beimisst. Der Vorwurf seiner Kritiker, dass er für die Weinlobby arbeite, wäre deswegen voreilig ausgesprochen. Doch was ist dran? Ist Wein weniger bedenklich als anderer Alkohol? Wem es um den Alkoholrausch geht, der trinkt mit Bier immerhin auch, bis die gewünschte Wirkung einsetzt. Genauso können Spirituosen zum Genuss und nicht allein für den Vollrausch konsumiert werden. Wenn allerdings Wein mit mehr Volumenprozenten teils billiger als Bier ist, dann werden diejenigen, die sich für wenig Geld betrinken wollen, den Wein vorziehen.

Jedes alkoholische Getränk einzeln zu betrachten ist im Grunde genommen kein verkehrter Ansatz. Einige Spirituosen haben zu Recht den Ruf, dass sie aggressiv machen. Bier passt gut in das Fußballstadion. In feiner Gesellschaft mit gesittetem Umgang wäre eine Flasche aus dem Weinregal zu ziehen. Doch mit allen alkoholischen Getränken kann ein kritischer Alkoholkonsum einhergehen. Damit haben auch die Suchtexperten Recht, wenn sie dem Wein in Frankreich keine steuerliche Sonderstellung gewähren wollen.

Es kommt also auf den richtigen Umgang mit alkoholischen Getränken an. Didier Guillaume erklärt deswegen glatt, dass die jungen Leute diesen am besten mit einem Glas Wein erlernen. Auch damit hat der französische Landwirtschaftsminister nicht ganz Unrecht. Wer bereits einmal ein Glas Wein unter Aufsicht der Eltern oder anderer vertrauter Erwachsener getrunken hat, der übertreibt es in der Disco vielleicht weniger. Wer weiß, bis zu welchem Punkt er mit Alkohol umgehen kann oder wie ansonsten der Tag danach aussieht, der lässt den Wein, das Bier, ein Mixgetränk oder andere Alkoholika vielleicht eher stehen. Ob es deswegen richtig ist, Jugendlichen schon Wein einzuschenken, das bleibt eine ganz andere Frage.

Das eigentliche Problem lautet jedoch, dass jeder Mensch etwas anders auf Alkohol reagiert und sich eigene Trinkgewohnheiten aneignet. Es weiß allerdings keiner vorher, ob er gut oder gar nicht mit Alkohol umgehen kann. Wer sich regelmäßigen Alkoholgenuss erst spät angewöhnt, trinkt in jedem Fall etwas sicherer. Wichtig bleibt jedoch, dass nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Personengruppen verantwortungsvoll trinken. Dann wird kaum jemand etwas dagegen einwenden, ein oder zwei Flaschen aus dem Weinregal zu ziehen. Es würde sich ohnehin keiner seinen Weingenuss verbieten lassen, der nicht von sich aus darauf verzichten will.

Quelle:
https://www.nzz.ch/international/in-frankreich-ist-weintrinken-eine-frage-der-erziehung-ld.1453408
https://www.bfmtv.com/mediaplayer/video/didier-guillaume-face-a-jean-jacques-bourdin-en-direct-1132463.html
https://twitter.com/Prabenyamina/status/1085475581620375552

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