Europaweit weniger, aber dafür besser
Der Rebstock hat nur seine Kraft, die er auf alle Trauben verteilt. Für einen besonders guten Wein wird der Rebstock nach dem Austreiben deswegen besonders stark gestutzt. In diesem Jahr hat das Wetter nach geholfen, in fast ganz Europa liegen die Erntemengen etwas oder sogar deutlich hinter den gewohnten Ergebnissen. In Rheinhessen -20%, in der Pfalz -19% und an der Mosel sogar -25% wohingegen in Ostdeutschland die Erntemengen um 30% zum Vorjahr stiegen. In Italien und Frankreich sind die Einbußen jeweils höher, als die gesamtdeutsche Erntemenge, die bei geschätzten 7,5 Millionen Hektolitern liegt.
So schlimm, wie sich das zuerst anhört, so gut wird es der ein oder andere Weinkenner finden. Mit den geringeren Erträgen und der außergewöhnlich frühen Ernte sind die Beeren von sehr guter Qualität. Das Weinjahr 2017 wird deswegen für den EU Raum eine sehr gute Qualität mit bringen. Bei sehr gutem, aber zugleich knappen Wein werden die Preise vermutlich etwas, aber auch nicht stark anziehen. Denn immerhin sind viele Weinregale noch mit guten Tropfen aus den Vorjahren gefüllt, sowie man auch aus Übersee kaufen kann.
So waren es in der zweiten Aprilhälfte starke Fröste gefolgt von regionalem Hagel im Sommer. Ab September war es dann kühl und regnerisch, womit vielerorts die Winzer es besonders eilig hatten, die Trauben einzuholen. Und dennoch war der Sommer ergiebig und führte nicht nur in Deutschland zu einer sehr frühen Ernte, die teils um ganze vier Wochen vorzeitiger als in normalen Jahren abgeschlossen wurde.
In Italien, Frankreich oder Spanien waren es natürlich weniger Frost und Hagel als die trockene Jahreszeit, in der die Rebstöcke nur durch tiefe Wurzeln überhaupt an Wasser gelangten.
Das Weinjahr 2017 ist durchaus ein Extrem, es zeichnet sich jedoch der Trend einer Klimaverschiebung ab. Nicht grundlos freuen sich Ostdeutsche Winzer über ein erstklassiges Jahr sowie auch in Britannien Wein angebaut und gekeltert wird. Britannien ein Weinland? Mit dem Klimawandel wird sich der Rebanbau geografisch verschieben und die derzeitigen warmen Weinländer werden verlieren, wobei Deutschland in 30 Jahren vielleicht ein Rotweinland ist.
Der Weinkenner wird sich gewiss nicht nur über den Jahrgang 2017 freuen, da der europäische Wein insgesamt durch den Klimawandel an Qualität gewinnen wird. Es liegt natürlich auch an den Winzern, ob sie ihre Trauben noch in soliden Fässern aus Holz einkeltern oder an große Keltereien mit riesigen Edelstahltanks abgeben, in denen dann der „Wein nach Zahlen“ entsteht. Dieser Massenwein kann durchaus für den geselligen Abend genügen. Für die ganz besonderen Momente ist es jedoch gut, die besonderen Weine im Weinregal zu haben. Und diese ganz besonderen Weine stammen oft von den kleinen Winzern, die ihren Wein noch selber in soliden Fässern aus Eichenholz im jahrhundertealten Weinkeller reifen lassen.