Hexenwerk Wein – gewölbter Flaschenboden?

Fragen, die keiner stellt

Viele Dinge werden als normal hin genommen und nicht hinterfragt, auch wenn sie Bestandteil vom alltäglichen Leben sind. Oder wer hat schon von alleine die Frage aufgestellt, warum denn der Boden fast aller Weinflaschen eine Wölbung nach innen hat? Welches Hexenwerk steckt dahinter, dass hier mit einer Wölbung gearbeitet wird, obwohl diese doch mehr Material verbraucht, als ein ebener Boden? Bei vielen Saft-, Wasser- oder Bierflaschen braucht es die Wölbung nicht, warum beim Wein?

Es gibt verschiedene Theorien, die einige Leser gewiss schon kennen. In der Rille am Boden setzt sich Weinstein ab, der beim Ausschenken weniger schnell mit raus kommt. Der Daumen kann in die Flasche beim Ausschenken greifen, das sieht eleganter aus. Die Wölbung sei einfach ein Designmerkmal, aber nicht wichtig. Werden die Flaschen hintereinander in das Regal geschoben, kann der Flaschenhals der einen bei der anderen in der Wölbung liegen, das stabilisiert. So große oder eher tiefe Weinregale muss man erst einmal sein eigen nennen, damit dieser Effekt sich auszahlt!

Das alles mag in Ansätzen stimmen, ist jedoch nicht der Grund für die Wölbung in Weinflaschen, die in der Fachsprache „Culot de Bouteille“ heißt. Diese Wölbung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit aus zwei einfachen Gründen historisch gewachsen und noch heute notwendig. Zum einen wurden Glasflaschen einst geblasen und von Hand gezogen. Der Boden würde nach Außen wölben, womit der Glasbläser ihn rein drückt. Schon kann die Flasche hinterher stehen. Der zweite Grund kam einst vielleicht weniger bewusst als heute zum Tragen: Die Statik der Flasche wird durch die Wölbung enorm erhöht. Gerade bei Schaumwein kann der Druck von bis 8 Bar den Boden sprengen. Aber auch beim maschinellen verkorken von Wein kann für eine Schreckenssekunde ein Druck von bis zu vier Bar entstehen.

Bei reifendem Rotwein, der Jahre lang ruhen muss, ist die Wölbung aber auch wegen dem tieferen Weinregal interessant. Die Flaschen liegen eine hinter der anderen, ohne dass eine ein oder zwei cm weiter seitlich rollt. Dieses Verfahren wird „Bouteilles stockées sur Pointes“ genannt.

Es ist also ein Hexenwerk der Statik, dass zum einen die Flaschen stehen, zum anderen halten und zum nächsten ruhen sollen. In der Reihenfolge macht der noch innen gewölbte Flaschenboden Sinn. Vermutlich erst mit der industrialisierten Fertigung von Weinflaschen wurde erkannt, dass die Statik durch diese Innenwölbung verbessert wird. Auch viele Flaschen, die hohem Druck oder Belastungen ausgesetzt werden, haben einen nach innen gewölbten Boden. Hier wären bereits die Pet Flaschen zu nennen. Es geht vermutlich ausschließlich darum, dass der Druck den Boden nicht nach außen drückt, womit die Flasche kippt.

Das Hexenwerk vom nach innen gewölbten Flaschenboden bei Weinflaschen ist also, dass der Glasbläser es aus einem Grund machte, den anderen aber vielleicht nicht kannte. Dem Weingenießer kann es egal sein, solange seine Flasche hält, der Korken dicht schließt und der Winzer seine Arbeit gemacht hat.

Quelle:

Culot de Bouteille: Woher kommt die Wölbung im Flaschenboden?

https://www.businessinsider.de/warum-haben-weinflaschen-eine-woelbung-am-boden-2018-6

https://www.n-tv.de/wissen/frageantwort/Warum-haben-Weinflaschen-eine-Delle-article20055505.html

https://www.watson.ch/wissen/food/114644445-haettest-du-gewusst-wozu-die-delle-im-boden-der-weinflasche-gut-ist-

https://www.geo.de/wissen/16819-rtkl-endlich-verstehen-darum-haben-wein-und-sektflaschen-einen-gewoelbten-boden

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