Tierprodukte im Weinregal?
Über eine vegetarische oder gar vegane Lebensweise haben vor 30 Jahren die wenigsten nachgedacht. Heute ist es in einigen Kreisen fast schon anstößig, Fleisch oder Tierprodukte im Allgemeinen zu verwenden. Es geht nicht allein um die Ernährung, sondern auch um Schuhe, Sofas oder eben Holzleim. Tierprodukte sind beim Ledersofa noch sehr gut zu erkennen, sie sind jedoch versteckt und teils als Spuren vorhanden, womit sie fast überall vorkommen oder wenigstens für die Produktion verwendet werden, auch für den Wein. Beim Keltern ist der Wein, je nach Methode, sehr trüb und es setzen sich Bestandteile am Boden oder auch der Oberfläche ab. Viele empfinden einen trüben Wein als unschön, auch wenn er nicht schlechter als ein geklärter sein muss. Am einfachsten ist die Klärung durch Gelatine, die wiederum aus Tieren erzeugt wird, die geschlachtet werden. Es ist also nicht einmal vegetarisch, wenn Gelatine-Produkte verwendet werden. Vielfach wird auch Eiklar verwendet, womit der Wein wenigstens schon vegetarisch wäre.
Auch veganer Wein kann geklärt werden. Es werden pflanzliche Eiweiße oder Bentonit oder Aktivkohle verwendet. Das ist in der Verarbeitung aufwändiger, es kostet Zeit oder auch Geld, funktioniert jedoch ähnlich gut. Der vegane Wein kann also genau wie anderer Wein von Trübstoffen befreit werden. Viele vegane Weine werden auch als vegan ausgezeichnet, viele jedoch nicht. Es gibt immerhin Winzer, die einen Wein nicht schönen, damit er ursprünglicher bleibt. Es gibt auch Methoden zum Ausbau, mit denen weniger Trübstoffe auftreten. Diese Winzer wollen damit aber nicht unbedingt einen Wein als vegan deklarieren können. Aber nur mit dieser Kennzeichnung kann sich der Veganer sicher sein, dass er keine Tierprodukte im Wein hat und möglichst auch der ganze Betrieb, so gut es geht, auf Tierprodukte verzichtet. Ansonsten sind die meisten ungekennzeichneten Weine eher nicht vegan und nicht einmal vegetarisch.
Der Fachmann spricht davon, dass der Wein geschönt wird. Das Mittel zur Klärung kann aber auch auf den Geschmack Einfluss nehmen. Eiklar verringert den Anteil der Gerbstoffe und macht den Wein milder. Aus Frischmilch gewonnenes Casein kann dem Wein seine Essignote nehmen. Auch damit kann der Kelterer schon aus Erfahrung das ein oder andere Mittel zur Klärung bevorzugen. Es geht darum, den Wein zu schönen, damit er bereits im Glas besser wirkt, die Nase schmeichelt und den Gaumen erfreut. Es ist der designte Wein, der möglichst vielen Verbrauchern gefallen soll. Dagegen zeichnen sich aber auch Trends wie die Naturwein-Liebhaber ab, die gerne den ungeschönten und trüben Wein trinken und diesen sogar bevorzugen. Der normale Verbraucher muss sich jedoch erst ein „Öko-Bewusstsein“ aufbauen, um den trüben Wein einem geschönten vor zu ziehen. Wer einen guten Weinhändler kennt, kann vielleicht den ein oder anderen Naturwein für sein Weinregal erstehen. Dieser muss nicht zwingend in Holz ausgebaut werden, es geht vielmehr darum, nur die „Grundzutaten“ für den Wein zu verwenden und alles künstliche und technische weitgehend zu reduzieren.
Quelle:
https://www.nzz.ch/gesellschaft/was-ist-an-einem-wein-nicht-vegan-ld.1381919
https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article144204129/Ja-auch-im-Wein-steckt-ein-bisschen-vom-Tier.html