35 gegenüber 85 Cents
Rund zehn Millionen Flaschen mit spanischem Wein wurden mit französischem Etikett verkauft. Das hat die Pariser Wettbewerbs- und Anti-Betrugs-Behörde DGCCRF aufgedeckt, mehrere der Täter müssen sogar Haftstrafen antreten. Ob auch der Markt außerhalb von Frankreich mit gefälschtem Wein beliefert wurde, geht aus dem Spiegel-Online-Bericht vom 09.07.2018 nicht hervor. Ganz sicher ist hingegen, dass es kein Einzelfall sein kann. Möglicherweise wurde ein ganzer Ring ausgehoben, es wird aber gewiss nicht der einzige gewesen sein.
Frankreich ist das Weinland überhaupt, bei guten Lagen aus Bordeaux können Weinkenner froh sein, wenn eine einzige Flasche unter 1000 Euro kostet. Renommierte Weingüter sind weltweit bekannt, ihr Wein wird teils als Kapitalanlage und nicht mehr als Getränk angesehen. Viele kostbare Bordeaux-Weine ruhen über Jahre in den Weinregalen, bis sie doch irgendwann einmal getrunken werden. Frankreich hat damit eine Alleinstellung in der Welt rund um exklusiven Wein. In anderen Ländern gibt es ebenfalls Hanglagen, die dem Bordeaux kaum nach stehen. Das Branding ist jedoch anders, die Nachfrage lässt die Preise nicht derart durch die Decke schießen.
In Spanien wird hingegen billiger Wein für den Massenmarkt hergestellt. Der Winzer lässt mehr Augen und Trauben am Weinstock, wenn er genug Grundwasser hat. Er erntet deutlich mehr von der Fläche und setzt auf Masse. Dank der spanischen Sonne sind auch diese Weine für den Normalverbraucher sehr interessant. Mit dieser Strategie erhält der Erzeuger jedoch nicht einen Ruf, mit dem er die Preise hoch setzen kann. Im Jahr 2016 wurde den Produzenten ein Liter von diesem Wein in Spanien für rund 35 Cents, in Frankreich für 85 Cents abgenommen. Wenn eine Familie in Spanien für ein Jahr 20.000 Euro brauchen würde, müsste der Winzer bei 35 Cents den Liter bereits über 57.000 Liter verkaufen, wenn er Produktionskosten von 0 Cents hätte. Ein Winzer in Spanien muss also hunderttausende Liter im Jahr produzieren und umsetzen, um sich ein normales Leben leisten zu können.
Die Motivation für den Etikettenschwindel mit spanischem Wein sind also mehr als verständlich. Allerdings waren die Etiketten wohl wirklich ein Fehldruck. Es war zu entnehmen, dass es Wein aus französischer Erzeugung oder französischer Abfüllung war. Im Kleingedruckten war jedoch zu lesen, dass es Wein aus Spanien ist. Bei zehn Millionen Flaschen muss man sich also nur wundern, dass es nicht noch eher aufgefallen ist. Auch wenn sich diese Zahl hoch anhört, so trinken die Franzosen diese Menge innerhalb von ein bis zwei Tagen. Mit einem pro Kopf Konsum von 43,1 Litern belegen sie den fünften Platz weltweit. Bier-Deutschland kommt mit 25 Litern gerade auf Platz 20.
Der spanische Wein mit französischen Etiketten wurde in Frankreich vermutlich komplett im unteren Preissegment verkauft, womit wenigstens die Kunden nicht merklich geprellt wurden. Französische Weinerzeuger sehen das hingegen anders, sie sehen ihren Markt „verwässert“.
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/frankreich-ermittler-decken-etikettenschwindel-bei-rosewein-auf-a-1217475.html