Parkers 100 Punkte Plan

Keltern nach Zahlen

Robert Parker ist unter Weinkennern jedem ein Begriff, da er eine weltweit erfolgreiche Wertung für Weine entwickelte. Hat ein Wein über 90 Parkerpunkte, dann ist es kein schlechter, bei 100 Parkerpunkten gibt es keinen besseren, so das System. Dabei gilt als Optimum ein intensiv fruchtiger Wein, womit die Kellermeister alles dran setzen, solch ein Tropfen herbei zu zaubern. Je nach Ausbautechnik kann der wertvolle Traubensaft in die gewünschten Bahnen gelenkt werden, solange die Gesetze und Auflagen befolgt werden. Es ist ein wenig wie „Keltern nach Zahlen“, womit der Rebsaft in das Förmchen gepresst wird, um möglichst viele Parkerpunkte zu erhalten.

Wer auf fruchtig intensive Tropfen setzt, der macht nichts verkehrt, den Parkerpunkten zu folgen. Dabei geht die Vielfalt oder auch die Natur vom Wein etwas verloren, da auf diese Norm optimiert wird. Alice Feiring ist dem Wein seit rund 20 Jahren auch journalistisch in Magazinen wie der „New York Times“ oder der „Time“ verbunden. Schon sehr früh hat sie sich dem Naturwein verpflichtet, der einen harten Gegensatz zum Parker-System darstellt. Mit möglichst wenig künstlichen Eingriffen wird auf den Rebstock oder den Traubensaft Einfluss genommen, damit ein natürlicher oder naturbelassener Wein entsteht. Dabei wären die Böden ausschlaggebender, als die Rebsorte, da sie sich im Wein durchsetzen werden. Bei einem guten Naturwein könne am Geschmack ein exakter Rückschluss auf die Böden gefolgert werden, da der Naturwein unverfälschter ist. So kauften die Weintrinker bis zu den 70er Jahren nicht nach Sorte, sondern Anbauregionen.

Für diese Natürlichkeit wäre der technische Fortschritt weitgehend aus dem Weinkeller zu verbannen sowie auf einen Bio- oder biodynamischen Anbau zu setzen wäre. Kunstdünger oder chemisch erzeugte Spritzmittel gehören nicht auf den Weinberg und würden die Qualität der Böden mindern. Strittig wäre unter den Anhängern der Naturweine hingegen, ob in Holz, Edelstahl, Beton oder Ton-Amporen ausgebaut wird. Alice Feiring würde sich gewiss deswegen nicht festlegen, um dem fertigen Wein nicht seine Vielfältigkeit zu nehmen. Denn auch beim Naturwein soll nicht jede Flasche aus einer Anbauregion wie die andere schmecken.

Beide Ansätze vom Designerwein und Naturwein haben in gewisser Weise ihre Existenzberechtigung und müssen sich nicht gegenseitig ausschließen. Der „Wein nach Zahlen“ bietet das kalkulierbare Geschmackserlebnis. Wer neben dem Parkerwert noch ein paar Fakten zum Wein erhält, kann vor dem Öffnen schon erahnen, was auf ihn zukommt. Beim Naturwein ginge das hingegen nur, wenn man schon die Anbauregion, den Winzer und dessen Kellertechnik kennt. Hier kann beim Öffnen häufiger eine Überraschung die Geschmackserwartung erschüttern. Zudem wird der ein oder andere Weinkenner den Naturwein etwas fader erleben, da er weniger aufgepeppt wird. Das kann in vielen Situationen aber auch genau das Richtige sein. Besser ist es, sich bei dem bestücken der heimischen Weinregale nicht auf ein Bein zu stellen. Die Anlässe, Gäste, Speisen und Stimmungen sind verschieden. Mal soll das Geschmackserlebnis direkt mit der ersten Flasche kalkulierbar sein und mal darf einen der Naturwein überraschen.

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