Überproduktion erschöpft Kontingente
Viele Winzer aus dem deutschen Weinbaugebiet Nahe können wegen der satten Beerenernte von sehr guter Qualität fluchen: Die Kontingente sind erschöpft, die Trauben bleiben am Rebstock und verrotten. So will es zumindest die Mengenregulierung, die einer Überproduktion entgegen wirken soll. In anderen deutschen Weinbauregionen wurden die bestehenden Regularien für dieses üppige Jahr aufgeweicht. Für die Winzer der Nahe ist die Situation jedoch eine andere: Sie haben zusammen mit rund 4.000 ha nur wenig Fläche und können sich am Markt nicht richtig integrieren. Es wird junger Wein und Fasswein produziert, der innerhalb weniger Jahre aufgebraucht wird. „Lagerhaltung“ ist im Konzept nicht vorgesehen, die Winzer der Nahe sind zudem kaum in Genossenschaften organisiert.
Warum gibt es die Mengenregulierung? Es gibt immer wieder Weinlesen mit deutlich höheren Erträgen. Bereits vor rund hundert Jahren hat eine sehr starke Weinernte dazu geführt, dass wegen der Überproduktion der Weinpreis zusammen brach und die Winzer hungerten. Trotz des globalisierten Handels ist es noch immer so, dass ein Jahr mit sehr hohem Erntegewicht bei den jungen Weinen zu einem sehr starken Preisverfall führen kann. Es ist bereits vorgekommen, dass guter Wein zu Industriealkohol wurde, um ihn nicht entsorgen zu müssen. Die Mengenregulierung soll diesen Phänomenen, die als gute Ernte in ihr Gegenteil kippen, entgegen wirken. Die Weinbeeren bleiben am Stock und die Nährstoffe gehen für die nächsten Ernten zurück in den Boden. Wegen der sehr guten Beerenqualität blutet vielen Winzern der Nahe das Herz. Da die letzten zwei Jahre sehr schwierig und mager waren, wäre diese üppige Ernte ein Ausgleich, den man über die nächsten Jahre an den Markt abstoßen könnte. Derzeitige Regulierungen der Nahe sehen es anders, viele Weinbeeren werden dieses Jahr vermutlich am Stock verrotten.
Für die Verbraucher wären kollabierende Weinpreise im ersten Moment gut, da sie viel Geld sparen könnten. Im nächsten Moment wären viele gute Winzer pleite, das Angebot würde sich verknappen und die Preise steigen. Die Mengenregulierung versucht, dass Produktionsspitzen abgeschnitten werden, womit der Markt ein möglichst gleichmäßiges Angebot mit Wein oder auch anderen Agrargütern erhält. Um die süßen Weintrauben der Nahe ist es schade. Die Verbraucher werden nach einer guten Weinlese nicht aus Vernunft und Sparsamkeit das Bier stehen lassen, um die Flaschen aus dem Weinregal zu ziehen. Wer alkoholische Getränke genießt, der hat immerhin seine Vorlieben, die er sich ein paar Euro kosten lässt. Der deutsche Jahrgang 2018 wird voraussichtlich ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältniss bieten. Wer flexibel ist, der soll beim Einkauf häufiger das Weinregal ansteuern und das Bier verschmähen. Hat man einen eigenen Weinkeller oder möchte mit ersten Weinregalen starten, dann wären langlebige Weine eine Empfehlung wobei gute Jungweine für den alltäglichen Gebrauch nicht fehlen dürfen. Dieser Jahrgang hat es in jedem Fall in sich.
Quelle:
https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/bad-kreuznach/stadt-bad-kreuznach/nahe-winzer-mussen-trauben-hangenlassen_19120152#
https://www.heise.de/tp/features/Kontingente-Winzer-muessen-Supersommer-Trauben-am-Stock-verfaulen-lassen-4197608.html