Dem „Pulverwein“ einen Riegel vorschieben
Es ist kein Geheimnis, dass die Russen einen bedenklich hohen Alkoholkonsum pro Kopf haben. Es ist aber auch das riskante Trinkverhalten, dass viele sich mit dem Wodka vorzeitig unter die Erde bringen. Unter den Sterbefällen russischer Männer von 15 bis 54 Jahren geht jeder zweite auf Alkohol zurück, wobei noch eine ganze Reihe an Drogen oder anderen Substanzen versterben. Bei einer stagnierenden Bevölkerungszahl sind solche Fakten alarmierend, weswegen es bereits einen Mindestpreis für Wodka von derzeit 205 Rubel gibt. Egal wie günstig der Hersteller auch könnte, er muss wenigstens dieses Geld nehmen, womit jedoch die Schwarzbrennerei beflügelt wird, die zu einigen Erblindungen und Todesfällen führt.
Vor dem Jahresende hat Konstantin Bacharew in der Duma angeregt, dass es solch einen Mindestpreis auch für Wein geben soll. Ob es ein Zufall ist? Konstantin Bacharew vertritt die Krim in der Duma. Wenn wegen der Handelsembargos der Absatz von weltweit bekannten und geschätzten Krim-Weingütern schwächelt, muss eben der heimische Weinmarkt gestärkt werden. Bacharew führt an, wenn denn im Supermarkt ein Wein 100 Rubel und der andere 200 Rubel kostet, wäre es ganz normal, dass oftmals der günstigere aus dem Weinregal gezogen wird. Dass für das Geld jedoch kein richtiger Wein in Fässern aus Holz oder Edelstahltanks hergestellt werden kann und es sich um Ersatzprodukte und Fälschungen handelt, wäre vielen Verbrauchern nicht bewusst. Wenn wie beim Wodka Mindestpreise angesetzt werden müssten, könnte man dem Pulverwein einen Riegel vorwerfen.
Pulverwein? Eine kurze Recherche ergab, dass es bereits der General Foods Corporation in den USA im Jahr 1974 gelungen ist, einen trockenen Alkohol herzustellen. Dieser Trockenalkohol gelangte nie auf den Markt, da er für die Produktion anderer Produkte verwendet wurde. Der flüssige Alkohol wird einfach von anderen Stoffen eingebunden und damit verfestigt. Mit Wasser wird alles aufgelöst und ergibt eine alkoholhaltige Lösung. Nachdem der Patentschutz erloschen ist, wurde weiter an der Idee gearbeitet, womit selbst in Deutschland schon solche Instant-Alkoholika durch die Stiftung Warentest bewertet wurden. „Aromatisierte Putzmittel“ war als Wortlaut enthalten.
Ein Pulverwein kann nach unserem Verständnis also niemals einen guten Wein ersetzen. Er hat natürlich weniger Gewicht und damit gewisse Vorteile, wirklich trinken möchte das jedoch kaum jemand. Wenn es jedoch einfach darum geht, um jeden Preis betrunken zu sein, mag das anders sein. Damit wäre ein Mindestpreis für Wein durchaus eine Maßnahme, mit der die Qualität von Wein in Russland gehoben werden könnte. Genauso gut könnte aber auch Pulverwein verboten werden, um Regularien für Wein zu erheben und anzuwenden. Es besteht die Gefahr, dass sich der Hersteller von Pulverwein ansonsten über noch sattere Gewinne freut und der richtige Wein dennoch versehentlich in den Weinregalen stehen bleibt. Es ist zumindest naheliegend, dass in den Krisenzeiten der Krim-Weingüter der Landsmann dem Absatz auf die Sprünge helfen möchte. Aber besser so, als doch versehentlich im Russland-Urlaub einen Pulverwein erwischen.
Quelle:
http://www.spiegel.de/panorama/alkoholkonsum-in-russland-studie-zeigt-verheerende-wirkung-von-wodka-a-878445.html
http://www.sueddeutsche.de/stil/alkohol-als-pulver-rausch-aus-dem-tuetchen-1.1941657