So einfach ist es nicht
In Schottland wurde ab dem 01.05.2018 der Mindestpreis für Alkohol eingeführt, 10 ml reiner Alkohol müssen wenigstens 50 Pence, umgerechnet 57 Cent, kosten. Eine 0,75 Liter Flasche Wein kommt auf ca. 60 bis 105 ml reinen Alkohol und müsste dann wenigstens 3,42 bis 5,99 Euro kosten. Wer ohnehin guten Wein in Schottland trinkt, der ist davon nicht betroffen. Viele Schotten trinken jedoch Whisky. Wenn dieser richtig reift, wäre diese Neuregelung ebenfalls ohne Änderung für den Verbraucher. Es sollen lediglich billige Alkoholika verteuert werden, womit möglicherweise auch deren Qualität steigt.
Ist es so einfach, die Alkoholpreise nach oben zu treiben, damit weniger getrunken wird? Mit der Steuer auf Alkopops in Deutschland sank deren Konsum, der Alkoholkonsum aber gewiss nur unrelevant. Wenn aber auch Bier, Wein und Spirituosen im allgemeinen deutlich teurer werden würden, würde der Alkoholkonsum sinken? In Skandinavien ist Alkohol unverschämt teuer – dennoch wird riskant getrunken oder eher gesoffen. Wie kann das sein? Die Antwort ist ganz einfach: Wer sich den Alkohol aufgrund der Steuern nicht mehr leisten kann, der braut, gärt oder brennt ihn einfach selber. Wer nicht zu betrunken ist, kann sich die nötigen Anlagen kaufen, aufbauen und auch bedienen. Aber gerade beim Brennen ist die Gefahr hoch, dass nicht nur Ethanol, sondern auch Methanol dabei heraus kommt, der ab 0,1 Gramm pro kg Körpergewicht bereits zu Vergiftungserscheinungen führt.
Mit deutlich höheren Alkoholpreisen wird möglicherweise merklich weniger Alkohol getrunken, es sterben weniger Menschen an Leberzirrhosen, aber mit Pech sterben dennoch mehr Menschen oder vor allem mehr junge Menschen an Alkohol. Die Russen haben die Wodkapreise seit langem künstlich erhöht und ziehen sie vermutlich aus gutem Grund nicht weiter an.
Würde der Gesetzgeber also Mindest-Alkoholpreise erheben, die dann auch für Wein gelten, dann müsste er immer diesen schmalen Grad abpassen. Gekaufter Alkohol darf nicht merklich teurer als selbst hergestellter sein. Derjenige, der wirklich nur Alkohol aufnehmen will, muss weiterhin den Getränkemarkt bevorzugen und die Destille beim Händler lassen. Bier brauen oder Wein ausbauen soll für den Privathaushalt weiterhin nur ein Hobby sein, Schnaps brennen ist aufgrund der Gefahren in Deutschland praktisch verboten.
Neben diesem schmalen Grad kann wie bei den Alkopops eine taktische Verteuerung die Verbraucher in weniger riskante Trinkgewohnheiten lenken. So gibt es die Branntweinsteuer ebenfalls nicht grundlos. Wein ist als Getränk einfach gesitteter und kultivierter. Demnach müsste vielleicht auch auf Bier eine Steuer erlegt werden? Das ließe sich in Deutschland kaum aussprechen, ohne direkt des Landes verwiesen zu werden.
Solange nicht der Alkohol generell besteuert wird, sondern nur Mindestpreise fest gelegt werden, wird derjenige, der bereits auf Qualität setzt, ohnehin kaum einen Cent mehr bezahlen. Selbst wenn solch eine Steuer eingeführt werden würde, müsste kaum einer mit Hamsterkäufen seine Weinregale überladen. Aus diesem Gesichtspunkt ist das Konzept der Mindestpreise für Alkohol besser, als die Besteuerung, die auch hochpreisige Weine treffen würde. Ob so oder so, wer trinken will, der trinkt.